BVEG Stellungnahme zum Gesetzentwurf Bohrungsverbot Niedersächsisches Wattenmeer - BVEG
linkedin Twitter YouTube Instagram

Stellungnahme | 14. Januar 2022

#Positionen & Stellungnahmen

BVEG Stellungnahme zum Gesetzentwurf Bohrungsverbot Niedersächsisches Wattenmeer

BVEG Stellungnahme zum Entwurf des Änderungsgesetzes zum Niedersächsischen Wattenmeergesetzes und anderer niedersächsischer Umweltgesetze.

Mit dem Gesetzentwurf will die Landesregierung in das Niedersächsische Wattenmeergesetz (NWattNPG) ein Verbot für das Niederbringen von „Bohrungen aller Art“ in allen Zonen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer einfügen. Die Landesregierung begründet dies damit, dass jegliche Bohrung im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zu Erschütterungen, Zerstörung der Meeresbodenoberfläche sowie Lärmeinwirkungen in das geschützte Gebiet führe. Dies führe regelmäßig zu Lebensraumverlusten und erheblichen Beeinträchtigungen wertbestimmender Lebensraumtypen. Außerdem wird dieses Verbot damit begründet, dass Bohrungen Auswirkungen auf das charakteristische Landschaftsbild hätten.

Dieses Verbot, von dem es nur in engen Grenzen Ausnahmen geben könnte (§ 17 NWattNPG i.V.m. § 34 BNatSchG), erfasst nicht nur Bohrungen nach Kohlenwasserstoffen wie Erdgas oder Erdöl, sondern auch Bohrungen für die Wasserversorgung, für Untertagespeicher jeglicher Art oder auch für Geothermieprojekte.

Aus Sicht des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) ist dieses Verbot überzogen, rechtlich fragwürdig und nicht erforderlich, damit der Schutzzweck des NWattNPG erreicht wird.

Die deutschen Erdgas- und Erdölproduzenten unterstützen den besonderen Schutz des Wattenmeers. Tatsache ist, dass bereits nach bestehender Rechtslage Erdöl- oder Erdgas-Bohrungen im Wattenmeer grundsätzlich unzulässig sind, weil sie eine im Nationalpark verbotene Handlung darstellen, vgl. §§ 6, 12 NWattNPG. Diese Regelung berücksichtigt bereits die in der Gesetzesbegründung genannten Schutzziele. Für die nun vorgesehene Ausweitung gibt es keinen sachlichen Grund.

Sofern durch ein Verbot von Bohrungen die heimische Gasproduktion reduziert wird, ist es unter Klimagesichtspunkten sogar kontraproduktiv, da es dazu führt, dass statt der Nutzung heimischer Erdgas-Produktion zusätzliche Erdgasmengen aus großen Entfernungen und daher mit schlechterem CO2-Fußabdruck importiert werden müssen. Es ist damit vor dem Hintergrund des niedersächsischen Klimagesetzes rechtlich fragwürdig.

1. Energiewende braucht Erdgas und Erdöl für die erfolgreiche Transformation

Um die Transformation der Energielandschaft erfolgreich zu gestalten, benötigt Deutschland in der Übergangszeit weiterhin in großem Umfang Erdgas und auch Erdöl zur Deckung des Energiebedarfs; dies jedenfalls solange, wie erneuerbare Energien den Energiebedarf nicht decken können.

Erdgas verschafft in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit der Transformation Flexibilität für eine gesicherte Energieversorgung. Nicht nur im Wärmemarkt, sondern insbesondere bei dem zu erwartenden steigenden Strombedarf wird Erdgas von großer Relevanz sein. Durch den Ausstieg aus der Atomkraft und später aus der Kohleverstromung gilt es umso mehr, die Strom-Versorgungssicherheit zu erhalten. Solange (klimaneutraler) Wasserstoff nicht ausreichend zur Verfügung steht, wird Erdgas als CO2-arme Option benötigt werden, die erforderlichen Strommengen jederzeit zur Verfügung zu stellen. Sowohl der Koalitionsvertrag der Bundesregierung als auch verschiedene jüngst veröffentlichten Studien belegen die Unverzichtbarkeit von Erdgas für die Transformation der Energielandschaft, die sich unter anderem in einem großen Zubau von Gaskraftwerken zeigen wird.

Die Verwendung von Erdgas und Erdöl steht der Transformation in die Klimaneutralität also nicht im Wege, sondern sie trägt maßgeblich zur Transformation bei. Die heimische Erdgas- und Erdölindustrie und das damit verbundene technische Know-how bieten wichtige Potenziale zur Erreichung der Klimaneutralität.

Die heimische Erdgasproduktion sichert nicht nur die Verfügbarkeit von Erdgas in der Nähe des Verbrauchs ab (Versorgungssicherheit!). Sie vermeidet auch Importe aus großen Entfernungen. Auch die damit einhergehenden CO2-Einsparungen auf Grund des vermiedenen Antransports sprechen dafür, die heimischen Kohlenwasserstoffreserven so lange zu nutzen, wie in der Energieversorgung noch Kohlenwasserstoffe genutzt werden. Der letzte in Deutschland verbrauchte Kubikmeter Erdgas sollte aus heimischen Reserven kommen. Die in Deutschland geltenden hohen Umwelt- und Sicherheitsstandards gewährleisten dabei die verantwortliche Tätigkeit der Förderindustrie und stellen zusätzlich heimische Wertschöpfung und den Erhalt von Arbeitsplätzen sicher.

2. Verlust von Reserven und Wertschöpfung

Im Bereich des Niedersächsischen Wattenmeeres gibt es ein erhebliches Potenzial an nutzbaren Kohlenwasserstoffen. Unter Berücksichtigung von Aufsuchungsungewissheiten schätzen die betroffenen Unternehmen, dass die mit Bezug auf das Wattenmeer existierenden Erlaubnisse Reserven in Höhe von rund 60 Millionen Barrel Erdöl und ca. fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas aufweisen.

Beispiele wie etwa die Erdölförderung Mittelplate in Schleswig-Holstein zeigen, dass die Förderung von Kohlenwasserstoffen unter den Bedingungen in Deutschland so sicher und umweltverträglich durchgeführt werden können, dass davon keine Beeinträchtigung der Schutzgüter des Nationalparks ausgeht.

Die Förderunternehmen werden ohnehin immer versuchen, die Errichtung von Bohranlagen direkt im Wattenmeer und damit verbundene Eingriffe nach Möglichkeit zu vermeiden. Das entspricht schon heute der aktuellen Gesetzeslage, die vom LBEG als Genehmigungsbehörde durchgesetzt wird.

3. Schon heute ist der Schutz des Nationalparks gesichert

Ein exklusiv aufgeführtes Verbot von Bohrungen jeglicher Art im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ verbessert nicht den Schutz des Wattenmeers. Denn auch ohne eine ausdrückliche Nennung von Bohrungen in den Verbotstatbeständen dürfen diese bereits nach geltendem Recht nur dann genehmigt werden, wenn von ihnen keine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzziele ausgeht. In der Ruhe- und Zwischenzone des Nationalparks sind “alle Handlungen verboten, die den Nationalpark oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern.“ (§ 6 Abs. 1 S. 1 ggf. i.V.m. § 12 Abs. 1 NWattNPG). Befreiungen von diesem Verbot sind nur unter den strengsten naturschutzrechtlichen Maßstäben denkbar, wenn zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für das Projekt sprechen und keine Alternativen gegeben sind (§ 17 NWattNPG).

Die Landesregierung nennt das geplante Verbot eine „Klarstellung im Vollzug des Gesetzes“ (Ziff. A.7 der Gesetzesbegründung). Tatsächlich soll diese „Klarstellung“ offenbar dafür sorgen, dass jedes Vorhaben dieser Art ohne weitere Prüfung der Voraussetzungen der §§ 6, 12 NWattNPG unter den Verbotstatbestand fällt. Es bleibt aber unklar und wird auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen der bisherige Mechanismus nicht mehr ausreichen soll. Die bisherige Regelung stellt eine angemessene und geeignete Lösung für Projekte im Wattenmeer dar. Sie griff schon bei Verabschiedung der aktuellen Regelung die seinerzeitige Diskussion um die Zulässigkeit von Bohrungen auf, was dann zu dem oben dargelegten Mechanismus führte, der Bohrungen nur im Ausnahmefall zulässt. Schon deshalb wäre eine nähere Begründung für die Ausweitung erforderlich gewesen.

4. Fehlende Gleichbehandlung mit anderen (gewerblichen) Handlungen

Das Verbot wird in § 6 NWattNPG („Ruhezone“) und damit auch in § 12 NWattNPG („Zwischenzone“) eingefügt, die die „Vermeidung von Störungen und Gefährdungen der Schutzgüter des Nationalparks“ adressieren.

Die in der Gesetzesbegründung zu § 6 NWattNPG genannten Auswirkungen von Bohrungen treten allerdings nicht nur im Falle von Bohrungen auf, sondern auch bei anderen Eingriffen ins Wattenmeer, die von dem Verbot nicht erfasst sind (siehe Gesetzesbegründung Ziff. B.; zu § 6). Warum dennoch von den denkbaren gewerblichen Tätigkeiten allein Bohrungen erfasst werden, nicht jedoch z.B. Baumaßnahmen auf den Inseln oder andere gewerbliche Tätigkeiten, die sich auf das Wattenmeer im selben Umfang negativ auswirken können, wird nicht begründet. Dies führt zu einer Ungleichbehandlung, ohne dass es hierfür eine Rechtfertigung gibt.

5. Enteignungsgleicher Eingriff

Einigen unserer Mitgliedsunternehmen stehen im betroffenen Bereich Bergbauberechtigungen zu. Ein pauschales Bohrverbot, das in der Konsequenz diese Berechtigungen aushöhlt, greift in die Ausübung dieser (als Eigentum geschützten) Rechtspositionen ein.

Kontakt:

Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. (BVEG)

Schiffgraben 47
30175 Hannover
T +49 511 12172 - 0 F +49 511 12172-10


Mail-Alerts zum Hashtag: #Positionen & Stellungnahmen

Weitere Artikel zu diesem Thema: